Innerer Rückzug

50 x 35 cm
Ölpastellkreide / Wachsmalkreide / Buntstift auf Papier
2023

Ich erfuhr, kurz bevor ich das Bild malte, von einer schon lange bestehenden schweren Schizophrenie-Erkrankung im weiteren Bekanntenkreis. Die von der Krankheit selbst betroffene Person kenne ich wenig, aber deren Angehörige stehen mir nahe.

Die Auswirkungen und die vollkommene Hilflosigkeit, die der immer wieder Tage währende vollkommene Rückzug der Patientin für die Angehörigen mit sich bringt, taten mir unendlich leid und veranlassten (vermutlich, unterbewußt) dieses Bild.

Die vielen Dimensionen des inneren Rückzugs, als wäre eine davon alleine nicht ausreichend . . . Man zieht sich in eine Höhle zurück, man versperrt den Ausgang mit einem undefinierbaren schwarzen Tier, das Wache halten soll, dass sich einem niemand nähert, man bleibt mit diesem Monster vorsichtshalber Auge in Auge, damit es einen auch ja nicht verlasse ….

Man hält noch die eigenen Beide fest. Blickkontakt zum Betrachter ist nicht gegeben, wäre in der eingekeilten Haltung auch nur schwer möglich.

Die unnatürliche Haltung, die den Körper über die Jahre schon deformiert zu haben scheint, kommt dem Betrachter von außen äußerst schmerzvoll vor. Auch die (wundgescheuerte?) Stelle oben am Kopf, wo dieser an die Höhlendecke stößt, symbolisiert Schmerz – oder vielleicht auch den Willen, den schrecklichen Kokon doch noch zu verlassen? Vielleicht wurde hier noch nicht aufgegeben.

Das Festhalten der Beine könnte letztlich auch der entschlossene Versuch sein, diese nach vielen Jahren der Immobilität doch wieder zu gebrauchen?

Die Fixierung auf das innere Monster könnte auch der Entschluss sein, sich diesem nun nicht mehr zu beugen, nicht mehr wegzusehen, der Krankheit ab jetzt auf Augenhöhe zu begegnen. Unter dem Auge eine Träne? Oder Erschöpfung in Form dunkler Augenringe infolge des Mangels an Tageslicht?

All das läßt das Bild offen – ein Fest des Interpretationsspielraums.